GTTA: Zooanthropologie - wie die Beziehung mit anderen Spezies uns erzogen hat am 11.10.2023

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19:00
Anmeldeschluss: 08.10.2023

Im Anhang findet ihr den Flyer mit den wichtigsten Angaben, und unten gibt es das Abstract zum Thema.

Wie immer erhalten die Angemeldeten kurz vor Veranstaltungsbeginn den entsprechenden Zoomlink. Interessierte nicht BTI- oder GTTA-Mitglieder sind gebeten vorgängig eine Gebühr von 40.- Fr./Euro zu entrichten. Nach dem Webinar erhalten alle Teilnehmenden wie gehabt eine Teilnahmebestätigung.

ABSTRACT:

Die Zooanthropologie (ZA) ist die Disziplin, die den Beitrag (Anthropopoiesis) untersucht, den Tiere zur Entwicklung der menschlichen Kultur geleistet haben. Der ZA zufolge sind die Merkmale, die den Menschen als Kulturträger auszeichnen, weder das Ergebnis seiner historischen Evolution (Phylogenese) noch das Ergebnis seiner vermeintlichen intellektuellen Überlegenheit. Diese beiden Perspektiven stammen aus der Soziobiologie bzw. aus dem platonischen ontologischen Essentialismus und bedingen sich nur anscheinend gegenseitig. Indem sie die Außergewöhnlichkeit unserer Spezies im Vergleich zum Rest der Tierwelt betonen, schlagen beide eine autarke Vision der Kultur vor, die den Menschen als ein vom Rest der Natur getrenntes Wesen bezeichnen.

Die ZA lehnt diesen Isolationismus ab. Für die ZA kann der Mensch den Menschen nicht allein aus sich heraus erklären. Die Kultur ist das Ergebnis der Begegnung des Menschen mit der biologischen Vielfalt: Kultur ist ein hybrides Produkt, das aus einer Begegnung mit dem Heterospezifischen entsteht. Das Tier verwandelt sich in einen Partner und Mitspieler im kulturellen Werdungsprozess. 

Aristoteles hatte schon festgestellt, dass zwischen den Tieren und ihrer Lebenswelt ein dynamischer und damit dialogischer Prozess besteht. Er hatte auch erkannt, dass der Logos nicht die einzige mögliche Form der Intelligenz ist. Der Darwinismus zeigte, dass die Beziehungen zur Umwelt die verschiedenen Spezialisierungen im Laufe der Zeit prägen und die Identität von Menschen und Tieren gleichermaßen definieren.

Als Säugetiere haben die Menschen zum Beispiel ein langes Entwicklungsalter, das eine komplexe elterliche Fürsorge erfordert. Dies macht sie besonders empfindlich für kindliche Signale des Betreuungsbedarfs, ein Prozess, der einem Schlüsselereignis der kulturellen Entwicklung zugrunde liegt: der Domestizierung. Außerdem ernährten sich Hominiden hauptsächlich von Früchten und Nüssen und waren in erster Linie Sammler. Da sie gezwungen waren, das Territorium auf der Suche nach Futter zu erkunden, verstärkten sie ihre Motivation zum Patrouillieren und Sammeln. Die folgenden Entdeckungserfahrungen trieben sie zu immer größeren Erkenntnishorizonten und mobilisierten immer mehr kognitive Ressourcen. Die komplexen kognitiven Fähigkeiten des Menschen sind also nicht arteigen, sondern das Ergebnis des Austauschs mit der Welt und der biologischen Vielfalt. Ohne diese Begegnung könnte man nicht von Kultur sprechen, die es darüber hinaus auch bei anderen Tierarten gibt. 

Deshalb eröffnet ZA einen neuen erkenntnistheoretischen Horizont. Sie versteht das Paar Mensch/Tier als eine unteilbare Realität. Der dezentralisierende Prozess, der sich aus der Begegnung mit dem Heterospezifischen ergibt, führt das menschliche Subjekt aus seinem Selbst heraus, indem es seine Eigenschaften verändert. Die menschliche Identität verändert sich ebenso, sie entwickelt sich und wächst. In der ZA spielt das Tier eine meisterhafte Rolle: Es wird zum Träger eines bereichernden Beitrags, der die menschliche Identitätsbildung in einen horizontalen Prozess der Veränderung und Evolution umwandelt. Diese Veränderung ist ununterbrochen und kennt keine Hierarchien.

Dr. Cosetta Veronese - President

International Society of Zooanthropology

Weitere Informationen:
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