Dr. Peter Hanns Zobel und Dr. Patrick Großmann am 16.11.2023

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von Admin Admin


Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie
(Google Maps)
19:00

Nachlese

zu einem Vortrag von

 

Dr. Peter Hanns Zobel

Geschäftsführer Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie mbH

 

„Erfolge des Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB)"“

 

und

 

Dr. Patrick Großmann

CEO & Co-Founder der Invitris GmbH

 

„Die große stille Pandemie: Antibiotika-Resistenzen“

 

Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie

Im Hotel Campus at Home

Am Klopferspitz 21

82152 Planegg-Martinsried

 

Donnerstag, 16. November 2023


Dr. Andreas Bachmeier, Präsident des Peutinger-Collegium e.V. begrüßt die Gäste zu der Veranstaltung im Faculty Club G2B (Gateway to Biotech) am Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IBZ). Herr Bachmeier betont die besondere Aura des futuristischen Lokals im 7. Stock des Hotel Campus at Home. Die Peutinger seien immer froh, wenn sie aus angestammtem Reservoir ausbrechen könnten, bemerkt er launig. Tilmann Röder, Mitglied des Präsidiums, stellt die Referenten und das Thema des Abends vor. Vor 150 Jahren sei Deutschland die „Apotheke der Welt“ gewesen. Medikamente wie Aspririn oder Insulin wurden in Deutschland entwickelt. Zwischen 1900 und 1930 gingen rund die Hälfte der Chemie-Nobelpreise an deutsche Wissenschaftler. In dieser Zeit war für japanische Ärzte Deutsch die „Lingua franca“, sie wurden mit deutscher Fachliteratur ausgebildet. Heute habe Deutschland diesen Stellenwert verloren. Aus diesem Grund habe sich der Freistaat Bayern dazu entscheiden, ein Cluster zu schaffen, um die deutsche Pharma-Industrie wieder international anschlussfähig zu machen. Dr. Peter Hanns Zobel stamme wie der Gründervater Konrad Peutinger aus Augsburg. Dort habe er BWL studiert. An der LMU folgte die Promotion. Danach stieg Herr Zobel als Geschäftsführer des IBZ ein. In seinem kommenden Vortrag konzentriere er sich auf die Entstehungsgeschichte und die Innovationskraft des IZB. Dr. Patrick Großmann konnte dort als CEO & Co-Founder sein Unternehmen Invitris GmbH aufbauen. Er promovierte zuvor an der Universität Maastricht, absolvierte einem MBA am Collège des Ingénieurs und arbeitete drei Jahre als Researcher an der Harvard University. In seinem Vortrag wird er über die Entstehungsgeschichte seiner Firma und die Gefahr von antibiotikaresistenten Infekten sprechen.

Herr Zobel bedankt sich für die einleitenden Worte und beginnt seinen Vortrag mit einer Vorstellung des IBZ. Im Jahr 1995 gegründet, beherberge es 250 Biotech Startups. Eine wichtige Stütze bei der Gründung sei die gute Zusammenarbeit mit dem damaligen bayerischen Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu gewesen. Der wichtigste Part sei nicht das IBZ selbst, sondern der zugehörige Campus. Er entstand in Planegg-Martinsried, in der Hoffnung, dass der LMU Campus nach Großhadern verlegt werde – was sich dann auch bewahrheitet habe. Für die erfolgreiche Einbindung von Grundlagenforschung sei die Nähe zum Max-Planck-Institut entscheidend. Gemeinsam mit dem benachbarten Helmholtz-Institut sitze das IZB wie die Spinne im Netz. Dazu käme eine Dependance in Freising am Campus Weihenstephan. Drei Nobelpreisträger seien mit dem Campus verbunden. Ein zentrales Element sei der IZB Club. Hier seien alle C-Level der beteiligten Unternehmen Mitglied. Ziel sei, einen neutralen Raum zu schaffen, in denen die Verantwortlichen aus den Start-Ups mit der Forschung in den Austausch treten. Gründer sollen so mit Nobelpreisträgern in Verbindung gebracht werden. Dadurch konnten bereits zahlreiche Neugründungen entstehen.

Herr Zobel betont, dass das IZB keine staatlichen Betriebskostenzuschüsse erhalte. Das Ziel sei, keine Steuern zu verbrauchen. Dennoch sei man mittlerweile zu einem der führenden Biotech-Standorte in Europa herangewachsen. Über 200 Biotech-Startups habe man auf diesem Weg hervorgebracht. Der Großteil der Startups arbeite im Bereich Medikamentenentwicklung. Ein zweiter wichtiger Bereich seien biotechnologisch veränderte Produkte. Gründer dieser Unternehmen verkauften ihre Startups im dreistelligen Millionenbereich, wie die Gründer von Exosome Disgnostics, einem Entwickler von bioflüssigkeitsbasierten, molekulardiagnostischen Tests (565 Mio. Dollar) oder die Gründer von Rigontec (464 Mio. Dollar), dem Entwickler eines neuartigen Ansatzes in der Krebsimmuntherapie.

Nach den einführenden Worten über das IBZ eröffnet Herr Großmann seinen Vortrag mit dem Titel „Die große stille Pandemie: Antibiotika-Resistenzen“. Die Invitris GmbH habe ihren Sitz in München und einer Dependance in den USA. Er könne Herrn Zobel gar nicht genug danken, die Strukturen am IZB nutzen zu dürfen. Wer in Deutschland mit Biotech erfolgreich sein wollte, müsse hierherkommen.

Herr Großmann geht auf das Geschäftsmodell seines Unternehmens ein: Der Kampf gegen Infektionen mit antibiotika-resistenten Bakterien. Antibiotika hätten den Menschen 20 Jahre an zusätzlicher Lebenszeit geschenkt. Eine nicht behandelte bakterielle Infektion könne tödlich sein. Herr Großmann wählt einen Vergleich, um die Größenordnung der Todesfälle in Verbindung mit antibiotikaresistenten Infektionen klar zu machen. Aktuell würde die Anzahl der damit einhergehenden Todesfälle dem täglichen Absturz von vier Jumbojets entsprechen. Im Jahr 2050 würden die Todesfälle dem täglichen Absturz von 55 Maschinen entsprechen. Bereits heute seien Todesfälle in Verbindung mit antibiotikaresistenten Bakterien die Todesursache Nummer Eins. In Zukunft sei mit jährlich zehn Millionen Toten zu rechnen.

Wie entstehen diese resistenten Bakterien? Populationen von Bakterien seien ähnlich, aber nie gleich. Einzelne Bakterien könnten deshalb den Einsatz von Antibiotika überleben. Wenn sich diese Bakterien vermehrten, entstehe eine antibiotika-resistente Population. Herr Großmann verwendet ein weiteres Bild, um die aktuellen Entwicklungen zu beschreiben. Die Corona-Pandemie sei vergleichbar mit einem Tsunami, der sich stark aufbäume und schnell abflache. Die „Stile Pandemie“ durch antibiotikaresistente Bakterien sei aber viel mehr mit dem Klimawandel zu vergleichen, eine dauerhafte, langfristige Katastrophe die unser Zusammenleben nachhaltig gefährde.

Daher stelle sich die Frage nach Alternativen für antibiotische Medikamente. Eine Lösung seien beispielsweise Bakteriophagen. Diese Phagen würden spezielle Bakterien befallen und sie zerstören. Die Untersuchung von Phagen für medizinische Zwecke habe lange Tradition, bereits vor hundert Jahren wurde an ihnen geforscht. Währen des kalten Krieges konzentrierte im Osten weiter auf Phagen in der medizinischen Anwendung, währen der Westen auf Antibiotika gesetzt habe. Aktuell gebe es drei zentrale Hindernisse für den großflächigen Einsatz von Phagen: Regulatorik, Technologie und Marktpreise. Bei der Regulatorik sei der Gesetzgeber auf einem guten Weg. Die Technologie lieferten Start-Ups wie Invitris.

Das zentrale Problem seien aktuell also die Marktpreise. Der Einsatz von Phagen im medizinischen Bereich sei schwierig zu skalieren. Aus diesem Grund setze Invitris auf Molekulardecoder, die die Anwendung von Phagen in großer Menge ermöglichten. Zudem müssten die hohen Kosten für die Forschung einberechnet werden. Für ein erfolgreiches Medikament seien 10.000 Versuche notwendig. Und diese Versuche müssten schließlich auch eingepreist werden. Der Markt für Antibiotika sei kaputt. Antibiotika würden deshalb nicht neu entwickelt, obwohl sie so dringend benötigt würden. Sie würden als Konsumware eingesetzt werden. Um die „stille Pandemie“ zu bekämpfen müsste man also höhere Preise für Antibiotika erzielen, neue Vergütungsmethoden für Antibiotikahersteller ermöglichen und risikofreudige Investoren mobilisieren. Abschließend lautet Herrn Großmanns Appell: „Helfen Sie uns Bakterien zu töten, bevor sie uns töten!“

 

Diskussionsrunde

Frage: Finden am IZB Tierversuche statt?

Herr Zobel: Das IZB ist für Tierversuche eher ungeeignet. Kooperationen mit dem Max-Planck-Institut sind möglich. Dort gibt es etwa 170.000 Mäuse.

Frage: Wie können Bakteriophagen als Medikament auf dem Markt etabliert werden?

Herr Großmann: Es gibt vielversprechende neue Bezahlmodelle, in denen der Preis vom Medikament entkoppelt wird. Grundlage dafür sind Preisgarantieren, die jährlich ausgeschüttet werden. Pilotmodelle laufen in Schweden und in den USA.

Frage: Wie hat Ihnen das IZB bei der Gründung geholfen?

Herr Großmann: Durch die Bereitstellung von Infrastruktur! Partnerunternehmen sind bankrottgegangen, weil keine Laborflächen gefunden werden konnten. Das dürfen wir uns am Wirtschaftsstandort Deutschland nicht leisten!

Der Abend endet mit einem Dank von Herrn Bachmeier an Herrn Zobel und Herrn Großmann. Abschließend verweist er auf ein internes Peutinger-Thema: Die Verabschiedung der Leiterin der Peutinger-Geschäftsstelle Belinda Fritsche. Christine Gärtner aus dem Präsidium blickt auf Frau Fritsches Karriere bei den Peutingern zurück. Acht Jahre lang habe sie die Geschäftsstelle geleitet. Ihr Start habe im Jahr 2015 mit den Festlichkeiten zum 550. Geburtstag von Konrad Peutinger stattgefunden. Eine große Herausforderung sei der Vortrag von Karl-Theodor zu Guttenberg im Bayerischen Hof mit 237 Teilnehmern im Jahr 2017 gewesen. Im Jahr 2019 habe die 50-Jahr-Feier des Collegiums auf dem Dachgarten des Bayerischen Hof stattgefunden. Jeder, der die Peutinger-Veranstaltungen besuche, werde von Frau Fritsche freudig begrüßt. Bei der Aushändigung des Namensschildes sei immer Zeit für einen freundlichen Austausch. Sie bezeichne das Peutinger Collegium als „Schatz“ mit seinen vielen tollen Persönlichkeiten. Aber auch Frau Fritsche sei ein Schatz für die Mitglieder gewesen. Neben der Tätigkeit im Peutinger Collegium habe sie ihre Firma geleitet. Das Unternehmen sei gewachsen. Deshalb habe sie sich jetzt entschlossen, sich ganz dieser Aufgabe zu widmen und beim Peutinger Collegium schweren Herzens aufzuhören. Bei diesem Schritt für die Zukunft wünsche man Frau Fritsche alles Gute, viel Glück und viel Erfolg.

Herr Bachmeier schließt sich dem Dank des Präsidiums an und freut sich auf ein Wiedersehen. Neben dieser traurigen Nachricht gebe es aber auch eine gute Nachricht. Herr Bachmeier stellt Frau Fritsches Nachfolgerin vor, Simone Lápossy. Sie werde im Januar mit der ersten Peutinger-Veranstaltung des neuen Jahres die Peutinger-Geschäftsstelle übernehmen. Abschließend dankt Herr Bachmeier allen Teilnehmern und eröffnet den inoffiziellen Teil der Veranstaltung.

 


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