50 Jahre Olympische Spiele am 20.09.2022

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von Admin Admin


Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Modernen, Barer Straße 40, 80333 München
19:00

Nachlese

zu einem olympischen Abend anlässlich

50 Jahre Olympische Spiele München

Einleitende Worte von
Prof. Dr. Andres Lepik
Direktor des Architekturmuseums der TUM und Vorstandsmitglied des Förderverein Architekturmuseum der TUM

Podiumsdiskussion mit
Wilfrid Spronk
Geschäftsführer der Olympiapark GmbH a.D.
Wilhelm Christoph Warning
Architekturkritiker

im Architekturmuseum der TU München   
am Dienstag, 20.09.2022


Der Präsident des Peutinger-Collegium e.V., Dr. Andreas Bachmeier, begrüßt zur Podiumsdiskussion als gemeinsame Veranstaltung des Peutinger-Collegiums und des Freundeskreises des Architekturmuseums der TU München. Das Thema des Formats lautet „Der olympische Gedanke damals und heute“.

Amandus Sattler, Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises Architekturmuseum, begrüßt alle Anwesenden und würdigt in seiner Einführung die herausragende architektonische Bedeutung hinsichtlich Offenheit und Dynamik des Olympiastadions und seinem Gelände als wichtigsten Bau der Moderne in München.

Danach spricht Professor Andres Lepik, Direktor des Architekturmuseums, einführende Worte zum Thema der Podiumsdiskussion. Darin hebt er die historische Bedeutung der erfolgreichen Bewerbung der Stadt München unter dem damaligen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel hervor, die den Weg ebnete für die Idee einer friedlichen, demokratischen und auch nachhaltigen Olympiade 1972 in der bayerischen Landeshauptstadt. Der damalige Wagemut– gerade in der architektonischen Planung und Konzeption – solle auch in der heutigen Gesellschaft wieder öfter Einzug halten und weniger Bedenken vorgetragen werden. Abschließend zeigt sich Professor Lepik gespannt auf die mögliche Frage, ob das Münchner Olympiagelände Weltkulturerbe werden sollte.

Nach Begrüßung durch Herrn Bachmeier, beginnt die Podiumsdiskussion mit Wilfrid Spronk, Geschäftsführer der Olympiapark GmbH a. D., und Wilhelm Christoph Warning, Architekturkritiker sowie Direktor der Abteilung Bildende Kunst an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Eröffnungsfrage Herr Bachmeier an Herrn Spronk:
Was ist das Erfolgsrezept des Olympiaparks im Vergleich zu anderen Austragungsstätten, die oftmals danach verfallen sind?

Herr Spronk: Ein entscheidender Punkt ist ein Thema, das die olympische Idee und olympischen Spiele immer wieder begleitet: die Frage der Nachhaltigkeit und Nachnutzung. Wenn man sich die olympischen Städte und Stätten anschaut, geht das mit dem Verhalten des IOC einher, das primär auf Promotion abzielt und kein Interesse an der Nutzung danach zeigt. Kurioserweise hat man sich auch in München im Vorfeld und während der Spiele keine Gedanken über die Nutzung danach gemacht. Mein Vorgänger, Werner Göhner, hat mir nach den Spielen als Vermächtnis auf fünf Seiten Durchschlagpapier seine ersten Gedanken zur nachträglichen Nutzung des Olympiageländes übermittelt. Diese fünf Seiten waren das Fundament für sämtliche Konzepte, die sich danach mit dieser Frage beschäftigten. Eine optimale Nachnutzung des Areals nach den Spielen war durch die moderne Ausgestaltung aller Objekte der Spielstätte seinerzeit etwa für sämtliche Sport- und Konzertveranstalter hochattraktiv gewesen und von großem Vorteil.

Frage Herrn Bachmeier an Herrn Warning: War es denn von Anfang an klar, dass die Olympiapark- und Olympiastadtidee solch ein Erfolg werden würden?

Herr Warning: Ex post ist das sicher so. Beeindruckend war nicht nur das Olympiastadion, sondern die gesamte Anlage, das gesamte Konzept, welches sich durch die ganze Stadt gezogen hat:  Es war nicht nur der Sport, es war auch ein erheblicher Anteil Kultur, moderne Kunst, die neue U-Bahn, sozusagen ein Gesamtklang. München bekam dadurch auch das erste Mal eine internationale Bedeutung. Man traf auf dem Marienplatz Menschen aus aller Herren Länder. Es war eine Atmosphäre, die auch zeitmäßig im Aufbruch war: Bundeskanzler Willy Brandt mit seiner neuen Ostpolitik, einem anderen Verständnis im Sinne eines Gegenteils von Polarisierung mit dem Versuch, Brücken zu bauen, mit Menschen und politischen Gegnern ins Gespräch zu kommen. Die Architektur hat dieses Ganze maßgeblich gefördert und mitgetragen. So haben mir die Schuttberge des Olympiaparks eindrucksvoll die Bedeutung, die aus dem geschichtlichen Bewusstsein erwuchs, vor Augen geführt. Die gute Architektur hat mehr bewirkt, als wir uns haben träumen lassen.

Frage Herr Bachmeier an Herrn Warning: Wie korrespondierte das Ensemble mit der Zeit und dem damaligen gesellschaftlichen Umfeld?

Herr Warning: Grundsätzlich spielte „höher, schneller, weiter“ nicht die zentrale Rolle. Es ging um das „Zusammen“. Das hatte eine völlige Durchlässigkeit und Leichtigkeit.

Frage Herr Bachmeier an Herrn Spronk: Gute Architektur, Kommunikation, viele Ideen, die sich damit verbinden. Wenn man das nutzt, kann es auch anstrengend sein, oder?

Herr Spronk: Das war eine Dauerauseinandersetzung zwischen dem Veranstaltungsgeschehen und den Anlagen. Das zeigte sich in Diskussionen bei der Planung von Konzerten in der Olympiahalle, in denen es beispielsweise um die Sichtbarkeit der Technik, Pyrotechnik und den Einsatz eines Vorhangs ging. Hier gab es intensive Diskussionen mit Günter Behnisch, dem Architekten des Olympiaparks. Auch die Platzsituation in der Olympiahalle war umstritten, beispielsweise beim Thema Logen. Die vertragliche Situation war klar: Nichts darf geändert werden ohne Zustimmung der Architekten. Muss Kommerz auf Architektur Einfluss nehmen? Oder sollte es anders herum sein? In der Diskussion über die Nutzung des Geländes für Fußballspiele gab es dadurch ein „KO“ für den Park. Rückblickend hätte man einen Umbau des Olympiastadions nur zulasten des Original-Konzepts realisieren können. Die Allianz Arena ist ein Beweis dafür. Der Innenbereich wirkt „wie von der Stange genommen“. Egal ob New York, Rom oder Peking. Sie finden in modernen Stadien immer ein gleiches Innenschema.

Herr Bachmeier eröffnet die Diskussion für das Publikum und stellt eine Einstiegsfrage an Herrn Warning: Wir muss man sich die Stimmung im damaligen München vorstellen? Hier ist ja eine Moderne auf eine Stadt getroffen, die ja eigentlich noch in einer anderen Zeit lebte.

Herr Warning: Diese Münchner „Grantigkeit“ - teils behäbig und lustig, teils schroff und abweisend: Sie war nicht mehr vorzufinden. Die Stimmung war offen für die Welt.

Frage Herr Warning an Herrn Spronk: Die Veranstaltungen im Rahmen der European Championships haben es möglich gemacht, dass viele Menschen in den Park gingen und die Konzerte kostenlos verfolgen. Das war ein Hauch von 1972. Das ist für mich eine Form von Nachnutzung. Kann man sowas nicht wieder installieren?

Herr Spronk: Das ist leider eine – wenn auch sehr schöne - Träumerei. Der Auftrag der Olympiapark-Gesellschaft ist, Geld für die Wartung des Olympiaparks durch große Veranstaltungen einzuspielen. Glücklicherweise hat die Olympiarücklage zur Wartung des Parks nach den Spielen nicht nur zehn, sondern 20 Jahre gehalten. Das war aber nur möglich, weil mehr veranstaltet wurde, als sich irgendjemand erhofft hatte. Seit 2000 müssen die Gelder für alles, was nicht erwirtschaftet wurde, durch den Münchner Steuerzahler finanziert werden. Veranstaltungen wie die European Championships sind nur möglich, weil der Park über die vergangenen Jahrzehnte permanent bespielt wurde. Das ist der Spagat, der gelingen muss: Offenheit, die Botschaft des Parks, aber gleichzeitig auch optimale wirtschaftliche Nutzung.

Frage aus dem Publikum: Sehen Sie den Olympiapark als Weltkulturerbe?

Herr Warning: Weltkulturerbe ist eine wunderbare Möglichkeit, um beispielsweise zu verhindern, dass jemand ein Hotel oder eine Achterbahn in den Park baut. Hier gibt es in München aus meiner Sicht einige fragwürdige Beispiele. Ich wäre deshalb für das Projekt Weltkulturerbe.

Herr Spronk: Herr Warning, wir waren stets gefordert, alles möglich zu machen, was moralisch und ethisch vertretbar war. Das sind Dinge, die wir ergreifen müssen, um einen Veranstaltungsort zu erhalten. Es gibt Extreme, da haben sie Recht, da sagt man dann aber auch „Nein“.

Frage aus dem Publikum: Warum scheiterte der Ausbau des Olympiastadions im Sinne der Nutzung als Veranstaltungsort für Fußballspiele? Haben die Architekten eine Lösung in der Fußballfrage blockiert?

Herr Spronk: Es galt, Kompromisse finden, mit denen sich neben den Architekten auch die Veranstalter anfreunden konnten. Uli Hoeneß hing am Olympiastadion. Erst als es absolut keine Chance mehr zur Einigung gab, wurden die Verhandlungen abgebrochen.

Frage aus dem Publikum: Wird der geplante SAP-Garden auf dem Gelände des ehemaligen Radstadions ein großer Wettbewerber für den Olympiapark?

Herr Spronk: Ich hätte alles darangesetzt, damit das Management der neuen Halle auch unter das Dach des Olympiaparks kommt. So hätte man auf Inhalte Einfluss gehabt. Ja, ich denke, dass dadurch in Zukunft Konkurrenz entsteht. Das gilt übrigens auch für die geplante Arena am Flughafen München. Das muss man ernst nehmen. Dahinter steht ein Konsortium mit nahezu allen großen Konzertveranstaltern. Die bekommen jetzt die großen Künstler. Das Beispiel Amsterdam zeigt, dass durch solche Konzepte ganze neue Viertel entstehen können. Auch wenn der Veranstaltungsort außerhalb der Stadt liegt.

Frage aus dem Publikum: Gefährden die geplanten Zwillingstürme an der Paketposthalle das Projekt „Weltkulturerbe Olympiapark“?

Herr Warning: Das glaube ich nicht. Aber ich halte das genannte Projekt weder für nachhaltig noch für sinnvoll, in einem Zeitalter, in dem Büroräume abgebaut werden. Man muss aber das Konzept von Hochhaus-Projekten immer differenziert sehen. Eine kategorische 100-m-Begrenzung halte ich nicht für sinnvoll.

Die Podiumsdiskussion schloss mit einem Dank von Herrn Bachmeier an alle Beteiligten und einem Ausblick auf die kommenden Veranstaltungen.

Hinweis der Veranstalter: Beim olympischen Abend wurde eine Jacke verwechselt und versehentlich mitgenommen. Es handelt sich um eine Rauten-Steppjacke in grün – braun, Größe 52, inklusive Schal und Mütze.

 

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