"Wissenschaft und Kunst als Lebensversicherungen unserer freiheitlichen Gesellschaft" am 26.07.2022

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von Admin Admin


Bayerischer Hof, Promenadenplatz 2 - 6, 80333 München
19:00

Nachlese

zu einem Vortrag von

Markus Blume, MdL
Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst

"Wissenschaft und Kunst als Lebensversicherungen unserer freiheitlichen Gesellschaft"

Vortrag im Bayerischen Hof zu München  
am Dienstag, 26.07.2022


Der Präsident des Peutinger-Collegium e.V., Dr. Andreas Bachmeier, eröffnet die Veranstaltung und begrüßt Peutinger-Mitglieder und Gäste zum alljährlichen Sommerband. Man habe die großen Treffen dieser Art sehr vermisst, wobei die Pandemie im weiteren Verlauf dieses Abends nicht weiter erwähnt werden sollte. Man befinde sich mittlerweile im 55. Jahr des Peutinger Collegiums. Man habe die letzten zwei, drei Jahre gut genutzt, um die Ideen und Leitgedanken des Collegiums weiterzuentwickeln, sie sozusagen im besten Sinne zukunftsfähig zu machen. Herr Dr. Bachmeier verweist in diesem Zusammenhang auf die Umsetzung neuer Formate, etwa des sogenannten Kaminabends für Interessierte und neue Mitglieder: In diesem Rahmen gebe es mehr Zeit für ein ausführliches gegenseitiges Kennenlernen und Gelegenheit, über das Kollegium und seine Grundwerte im Allgemeinen zu sprechen. Weiter begrüßt Dr. Bachmeier die neuen Mitglieder und ehrt die Jubilare. Er heißt den Referenten des Abends, Markus Blume, MdL, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, herzlich willkommen.

Robert Salzl, Prokurator und Mitglied des Großen Rates des Peutinger-Collegiums, verweist zu Beginn seiner Einführung des Referenten auf die gemeinsame Herkunft aus dem Münchner Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach, weshalb er den Werdegang des Staatsministers seit jeher mit großem Interesse verfolge. Bei Nennung der wichtigsten biografischen Stationen des Staatsministers hebt er die frühen unternehmerische Fähigkeiten des Staatsministers hervor, der bereits mit Mitte zwanzig den Recherche- und Wissensdienstleister Content5 AG gründete, deren Vorstand Herr Blume über zehn Jahre lang angehörte. Hier zeigte sich bereits das faktenbasierte, analytische Denken des Staatsministers. Auch politisch zeigte Herr Blume seit seinem Eintritt in die Junge Union und CSU Mitte der 1990er Jahre von Beginn an ein hohes Maß an Engagement und Verantwortungsbereitschaft. Man könne froh sein, dass der Staatsminister sich für einen Werdegang in der Politik entschieden habe und nicht den Ruf der freien Marktwirtschaft gefolgt sei, so Robert Salzl abschließend.  

Herr Staatsminister Blume bedankt sich bei Dr. Bachmeier und dem Peutinger Collegium für die Einladung und die äußerst freundliche Vorstellung durch Herrn Salzl. Der persönliche Austausch habe in den letzten Jahren wirklich sehr gefehlt.

Zu Beginn seines Vortrags bemerkt der Staatsminister, dass manche im Deutschen Bundestags ebenso wie der Bundeskanzler es für angemessen halten, angesichts der aktuellen Ereignisse von einer „Zeitenwende“ zu sprechen. Er selbst sei sich nicht sicher, ob wir gerade jetzt eine solchen Paradigmenwechsel haben oder ob es nicht eher so sei, dass wir bereits seit vielen Jahren in einem „Zeitalter von Veränderungen“ lebten. Herr Blume glaube eher, dass Letzteres zuträfe. Diese großen Veränderungen, die wir momentan erlebten, seien keine Erfahrungen der letzten Zeit. Dieser Prozess vollziehe sich vielmehr seit mehr als einer Dekade. Demnach könne man festhalten: Die von Francis Fukuyama Anfang der 1990er Jahre aufgestellte These, die Geschichte der Welt sei an ihr Ende gekommen, habe sich als grundfalsch erwiesen, insofern sich in der Welt Demokratie, Freiheit und Menschenrechte durchgesetzt haben. Vielmehr sei es mit Karl Popper zu halten, dass Geschichte erstens keinen Sinn habe und zweitens offenkundig nicht an ihr Ende kommen werde, was unterm Strich eine tröstliche Erfahrung sei.
Der Staatsminister betont, er wähle diesen Einstieg, um dafür zu sensibilisieren, dass wir nicht das Ende der Geschichte erlebten, sondern den Beginn einer ganz großen Veränderungsepoche, die fundamentale Änderungen in allen Lebensbereichen mit sich brächte. Zwei Entwicklungen seien dafür besonders maßgeblich: Exponentialität im Sinne eines exponentiellen Wachstums und Disruption als das plötzliche Auftreten völlig unerwarteter Ereignisse. Beide Entwicklungen kämen momentan zusammen und sorgten für ein Gefühl, dass in unserer Welt aktuell „kein Stein auf dem anderen“ bliebe. Es sei eine Herausforderung für unsere freiheitliche Gesellschaft und eine Zumutung für das alltägliche Leben. Der Mensch möchte Ordnung und Verlässlichkeit, er sei wahrscheinlich auch nur geschaffen für lineare Entwicklungen, für nicht zu schnelle Veränderungen im Sinne eines exponentiellen Wachstums. Exponentiell bedeute, die Dinge verdoppeln sich in einem bestimmten Zeitraum, in technologischer Hinsicht alle zwei Jahre. Dies habe, so Herr Blume weiter, zur Folge, dass wir innerhalb eines Zeitraums von fünfzehn bis zwanzig Jahren von einem Faktor tausend an technischem Leistungsvermögen, neuen Möglichkeiten, Opportunitäten und vieles mehr sprechen. Als Beispiel nennt der Staatsminister das Leibniz-Rechenzentrum als die „IT-Kathedrale in Bayern“, wo vor rund zehn Jahren laut Amtsvorgänger Wolfgang Heubisch der weltweit leistungsstärkste Rechner eingerichtet wurde. Jetzt verzeichne man dort das Tausendfache an technischem Leistungsvermögen. Die Notwendigkeit, sich immer wieder neu auf die jüngsten technischen Entwicklungen einzulassen, würde viele vor Herausforderungen stellen. Diese unglaubliche Veränderungskraft und Beschleunigung träfen nun mit fundamentalen, paradigmatischen Veränderungen zusammen. Dadurch verändere sich auch die Art und Weise, wie Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren. Dieser Strukturwandel von Öffentlichkeit und Medien, das Aufkommen neuer Medien und sozialen Netzwerken als Phänomene der letzten zwanzig Jahre, habe darüber hinaus ebenso die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und Politik machen, dermaßen fundamental geändert, dass die Folgen daraus sich noch gar nicht abschätzen ließen. Herr Blume möchte an dieser Stelle sogar noch weiter gehen und feststellen, das Aufkommen des Populismus sei auch darin begründet, dass wir diesen fundamentalen Wandel der Öffentlichkeit haben.
Der Staatsminister unterstreicht im weiteren Verlauf seines Vortrags, dass sich diese Entwicklungen nun mit Schocks à la „Schwarze Schwäne“, Pandemie etc. kreuzen würden. Russlands Angriff auf die Ukraine sei zwar nicht komplett aus dem Nichts gekommen, doch eine vorherige Vorwegnahme der dann eingetretenen Ereignisse wäre aber relativ „anspruchsvoll“ gewesen. Es sei jedoch im Grunde auch egal, ob dies als eine Entwicklung der jüngeren Zeit zu bewerten oder bereits lange vorher angelegt gewesen sei. So oder so müssten wir uns auf diese neue disruptive Situation einstellen. Herr Blume konstatiert angesichts dieser Herausforderungen zwar kein Ende der Geschichte, aber ein Ende Komfortzone in Deutschland und Europa mit all den Gewissheiten über Wohlstand, Sicherheit und Freiheit.  
Das Geschäftsmodell der alten Bundesrepublik sei nach Ansicht des Staatsministers bisher ein sehr „smartes“ gewesen: So seien die Fragen der äußeren Sicherheit zuverlässig an die USA ausgelagert worden. Als Zäsur müsste man vor diesem Hintergrund den Satz aus Angela Merkels „Truderinger Rede“ aus 2017 auffassen, den sie vor dem Hintergrund ihrer ersten Begegnung mit Donald Trump auf dem damaligen G7-Gipfel sagte: „Die Zeiten, in der wir uns auf andere in Europa verlassen konnten, sind ein Stück vorbei, Es ist Zeit, dass wir unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen.“ Herr Blume betont, wie Recht Angela Merkel mit dieser Aussage hatte. Neben der Sicherheit hätten wir die Energiefragen ebenso ausgelagert. Wir seien mutig und im gesellschaftlichen Konsens aus der Kernkraft ausgestiegen mit Gas als Teil einer Brückenlösung auf dem Weg zu einer regenerativen Versorgung. Ähnlich sei mit den Themen Migration – Vertrauen auf EU-Türkei-Deal – und Wohlstand – China und andere Regionen der Welt werden auch weiterhin immer mehr von unseren Waren kaufen – verfahren worden.  Aus diesem Grund habe der Bundeskanzler mit der Verwendung des Wortes „Zeitenwende“ durchaus die richtige Wahl getroffen, obschon er es nie näher ausgeführt habe,

Herr Blume unterstreicht im Hauptteil seines Vortrags, dass Wissenschaft und Kunst vor dem oben skizzierten Hintergrund auf der Lösungsseite stünden. Die beiden dahinter liegenden Ideen seien die Kraft des Fortschritts und der Innovation sowie die Kultur als gesellschaftliche Bindekraft.
Zum Thema Fortschritt sei zu konstatieren, dass wir neben der notwendigen Stärkung der militärischen Fähigkeiten, auch in unsere technologische Stärke investieren. Man dürfe nicht abhängig werden von anderen Regionen der Welt, von Ländern, die möglicherweise nicht mal im Ansatz unsere Werte teilen würde. Dies sei auch eine Frage von Souveränität. Der Staatsminister hebt an dieser Stelle hervor, es dürfe sich nicht mehr wiederholen, dass etwa bei der „läppischen“ Frage, ob man zu Beginn einer Pandemie eigene Schutzmasken in Europa herstellen könnte, kollektiv den Offenbarungseid leisten müsse. Diese Probleme zöge sich über viele weitere Bereiche, man denke beispielsweise an die Herstellung von Arzneimitteln. In Bayern versuche man sein Möglichstes zu tun, erklärt der Staatsminister, etwa durch die 3,5 Mrd. Euro schwere Hightech-Agenda als Verlängerung früherer Offensiven: Künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Cleantech und Biomedizin seien die wesentlichen Felder, in denen sich künftiger Wohlstand, künftige Lebensqualität, aber eben auch künftige Machtfrage entscheiden. Um hier nicht abhängig zu sein, gelte es, in kluge Köpfe zu investieren, um diese Schlüsselbereiche im eigenen Land zu halten. So habe allein Bayern in den vergangenen beiden Jahren über tausend Professuren ausgeschrieben. Weiter führt Staatsminister Blume aus, dass man sich angesichts dieser Elementarfragen in Berlin weniger mit Nischenthemen wie die Cannabis-Legalisierung beschäftigen und mehr an der Lösung der großen Fragestellungen der Zukunft gemeinsam arbeiten sollte.
Den zweiten Schwerpunkt des Hauptteils seiner Rede widmet Herr Blume der Kultur als „Abteilung Zusammenhalt“. In einer von Individualisierung und Ausdifferenzierung durchdrungenen freiheitlichen Gesellschaft bräuchte es ein Band des Zusammenhalts. Es wäre jedoch, so warnt der Staatsminister, ein Fehler zu glauben, der Staat könne ein solches Band verordnen. Die richtige Perspektive sei vielmehr, dass die Gesellschaft selbst die entsprechenden Kräfte zum Zusammenhalt freilegt. Wir hätten in einem modernen Staat nicht nur eine freiheitlich-demokratische Grundordnung, die den Rechtsrahmen vorgibt, sondern auch eine Art kultureller Grundordnung, die gemeinsam gelebt werde und dadurch sich herauskristallisierte. Dazu passe ein Diktum des große Staatsrechtlers Böckenförde, wonach der Staat von Voraussetzungen leben würde, die er selbst nicht schaffen kann. Das bezöge sich auf das gesamte Feld von Kunst und Kultur, Brauchtum und Tradition im weitesten Sinne. Daher seien die Diskussionen um die bayerischen Gebirgsschützen, die im Rahmen des diesjährigen G7-Gipfels zur Begrüßung ausländischer Staatsgäste am Münchener Flughafen bereitstanden, äußerst bizarr gewesen. Denn die Kultur, so unterstreicht der Vortragende, würde den gemeinsamen Nenner der Verständigung bilden, begründe das Gefühl von Heimat. Wer in einer freiheitlichen Gesellschaft diese Bindekräfte gering schätzen oder vielleicht negieren würde, der habe nicht verstanden, von was eine offene Gesellschaft – auch im Geiste von Karl Popper – eigentliche lebte. Ohne Herkunft gäbe es keine Zukunft und wenn man nicht wisse, wo man wurzelt, könne man auch nicht weltoffen sein.

Zum Abschluss seines Vortrags erklärt Staatsminister Blume, dass er trotz der ernsten Zeiten voller Zuversicht sei. Eigentlich habe man, ebenfalls hier in Bayern, alles, was es bräuchte, um die Zukunft erfolgreich bewerkstelligen zu können. Am Ende hielte er es wie das Peutinger-Collegium:
Es gebe mutmaßlich auch außerhalb von Bayern Leben, aber es wäre nicht so wie bei uns.

 

Fragerunde:

Frage: Wieso hat gegen die Auslagerung der Sicherheit an die USA, der Energieversorgung an Russland, des Wirtschaftswachstums an China, niemand etwas getan?

Antwort StM Blume: Frei dem unternehmerischen Motto „Never change a running system“, hat es halt irgendwie funktioniert. Ein System muss aber auch resilient sein, gerade angesichts eines außerordentlichen Ereignisses wie sie heute etwa eine drohende schwere Rezession darstellt. Man muss sich in Zeiten großer Veränderungen nicht nur mit dem Best Case beschäftigen, sondern auch mal den schlechteren Fall mitdenken in dieser vernetzten Welt. Selbst unter wirtschaftlich hoch verflochtenen Staaten kann Krieg ausbrechen.

Frage: Warum ist Energieversorgung Bayerns so dermaßen abhängig von Russland?

AW: Wir haben als Politiker hier im besten Glauben agiert. Vor zwei Jahren oder letztes Jahr wurde man für eine Ölheizung noch schief angeschaut. Jetzt in 2022 bist du auf einmal damit stabil. Fakt ist: Es hat nie eine bayerische Energiepolitik gegeben, die sich vom Bund irgendwie losgekoppelt hätte. Es gab vielleicht die eine oder andere bayerische Initiative, zum Beispiel die Einführung der Kernkraft unter Strauß zum Aufbau der bayerischen Industrie. In Deutschland wie in Europa sind nahezu alle von der Sicherheit in der Gasversorgung ausgegangen. Trotz aller Erfolge Bayerns beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, sind wir letztendlich topografisch ebenso wie alle ostdeutschen Bundesländer abhängig von einer Gasleitung. Als ehemaliges Land der Kernenergie stellt das Bayern vor besonderen Herausforderungen. Bei all der Diskussion um den richtigen Weg, ist eine Losung richtig: Energie statt Ideologie.

Frage: Wie bereiten wir unsere Kinder auf diese disruptive Welt vor?

AW: Augen auf bei der Berufswahl ist immer gut (lacht). Man sollte unseren Kindern keine falschen Gewissheiten geben, sie aber auch dazu motivieren, die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Es ist noch nie einer Generation besser gegangen wie der unserer heutigen Kinder. Das ist freilich kein Grund zum Ausruhen. Eventuell kann es helfen, mal die eigenen Grenzen des Landes zu verlassen, andere Regionen der Welt zu bereisen, um zu realisieren, welche Ambitionen bezüglich Innovation dort vorhanden sind. Es braucht diese Lust auf Neues, die Bereitschaft, ins Risiko zu gehen. Man sollte nicht immer gleich nach dem Staat rufen.

Frage: Wo sind Bayern und Deutschland bereit, auf Kompetenzen zu verzichten, um deutschlandweit und europäisch mehr erreichen zu können, auch auf die Gefahr hin, etwas an Selbständigkeit einzubüßen?

AW: Ich würde schauen, dass wir Europa in den großen Fragen, wo wir im internationalen Systemwettbewerb stehen – auch geopolitisch – stark und handlungsfähig machen, aber im Kleinen mehr Freiheit zulassen, insbesondere im Bereich des Bauens sowie der Zeitachse von Großprojekten, die durch ein zu enges Verordnungs-Korsett erschwert werden. In Bezug auf den digitalen Binnenmarkt brauchen wir meiner Meinung nach überhaupt keine nationalen Regelungen, auch keine bayerischen. Das kann abschließend die EU regeln. Das brächte einen riesigen Wettbewerbsvorteil mit sich.

Frage: Wie hoch schätzen Sie die Wichtigkeit des sozialen Zusammenhalts ein? Wo hört man vonseiten der Politik auf die Sorgen der Bürger, z.B. aus dem Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach?

AW: München hat einerseits Weltstadtcharakter und auf der anderen Seite eine große Ausprägung an Zusammenhalt, allen voran in den äußeren Stadtrandvierteln. Die Politik darf nicht nur für die kosmopolitische Schicht da sein, sie muss beide Seiten miteinbeziehen. Darauf kommt es an. An dieser Stelle gestaltet die CSU aktiv, nehmen Sie das Beispiel Mütterrente als ein Mittel zur Bekämpfung der Altersarmut. Politik muss immer auf beiden Lungenflügeln atmen: nicht nur Heimat und Hightech, sondern auch Herz und Verstand.

Frage: Stichwort „Zerbröselnde Komfortzonen“. Für mich hat die Gaskrise auch etwas Gutes im Sinne gesellschaftlicher Chancen. Warum wird das in der Politik nicht diskutiert?

AW: Die Politik steht nicht für „Survival of the fittest“, sie muss auch ausgleichen. Ungleichheit als Preis der Freiheit darf dabei jedoch nicht diskreditiert werden. Eine freiheitliche Gesellschaft mit sozialer Marktwirtschaft muss das aushalten können. Die Bereitschaft, auch mal was Neues zu machen, muss wieder an Stellenwert gewinnen. Der Staat hat gar nicht mehr die Köpfe und Ressourcen, um alle Unwägbarkeiten finanziell aufzufangen. Schumpeter sprach von der Kraft der kreativen Zerstörung. Bei aller Dramatik, die dabei mitschwingt, braucht man keine Angst vor neu Entstandenem zu haben.

Frage: Wie schaffen wir eine bessere Vernetzung von Stadt und Land ohne Abfälligkeiten in einem partnerschaftlichen Sinne?

AW: Diese Frage tangiert die DNA des Freistaats, unser Erfolgsmodell: Gegensätze sind versöhnbar, wie man bei den Konfessionen oder landsmannschaftlichen Konflikten gesehen hat. Unterm Strich fühlt sich der Arbeitnehmer wie der Arbeitgeber in Bayern zuhause. Das gilt auch und gerade für das Thema Stadt und Land: Was wäre München ohne die Lebensqualität, die sein Umland zu bieten hat? Was wäre das Land ohne München, allein in wirtschaftlicher Hinsicht? Es handelt sich um eine symbiotische Vielfalt als Win-win-Situation. Eine Zuspitzung dieses Thema ist nicht hilfreich.

Frage: Welchen Mut bringt die Staatsregierung zum Bau des neuen Münchner Konzertsaals auf?

AW: Mit Mut alleine lässt sich ein neuer Konzertsaal nicht bauen, durch Rundfunkgebühren vermutlich ebenfalls nicht. Am Ende bleibt dann nur der Steuerzahler. Dies ist jedoch angesichts der aktuellen Weltlage nicht vermittelbar. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird Bayern wahrscheinlich locker 200 Mrd. Euro in die Hand nehmen müssen allein für den Erhalt der Einrichtungen der kulturellen Infrastruktur. Die momentane Denkpause wird politisch genutzt, um die finanziellen Möglichkeiten und Perspektiven zu sichten. Sie können versichert sein: Wir machen keine Pause vom Denken, sondern nutzen sie zum Denken.

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