"Publicpreneurship - wie kann der Staat unternehmerischer werden" am 15.07.2021

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von Admin Admin


19:00

Nachlese

zu einem Vortrag von

Prof. Dr. Rafaela Kraus
Professorin für Unternehmens- und Personalführung, Vizepräsidentin für Entrepreneurship und den Hochschulbereich für Angewandte Wissenschaften an der Universität der Bundeswehr München

"Publicpreneurship - wie kann der Staat unternehmerisch werden"

Onlinevortrag am Donnerstag, 15.07.2021


Nach einer kurzen Begrüßung durch Peutinger-Präsident Dr. Andreas Bachmeier, in der er vor allem Lust auf die kommende Präsenzveranstaltung im September macht, übernimmt Christine Gärtner als Mitglied des Präsidiums die Vorstellung der Referentin:

Prof. Dr. Rafaela Kraus ist im Freistaat Bayern fest verwurzelt. Sie wurde in Altötting geboren und ist in Landshut aufgewachsen. Ihr BWL-Studium hat sie sowohl an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) als auch der renommierten Sorbonne Universität in Paris absolviert. Ebenso hat Dr. Kraus an der LMU in Wirtschaftspsychologie promoviert. Anschließend wechselte sie in die freie Wirtschaft, um sich als Unternehmensberaterin zu etablieren. In dieser Zeit lagen ihre Schwerpunkte auf Unternehmensentwicklung sowie Personalauswahl. Auch ihre begleitenden Forschungen spielen sich bis heute in diesem Universum ab: Es geht vor allem um Führung, Change Management und die digitale Transformation. Im Jahr 2007 wurde Dr. Kraus als Professorin für Unternehmens- und Personalentwicklung an die Universität der Bundeswehr München (UniBW M) berufen. Am 1. Januar 2019 trat sie an dieser Hochschule in das Amt der Vizepräsidentin für Entrepreneurship und den Hochschulbereich für Angewandte Wissenschaften an. Ihre Aufgaben beschreibt sie als "sehr vielfältig" und so war sie auch an der Gründung von founders@unibw beteiligt. Das Hub soll aus Sicht von Dr. Kraus ein optimales Ökosystem für Gründer bereitstellen, um hier die unternehmerische Kompetenzentwicklung zu fördern. Es liegt auf der Hand, dass die Start-up-Förderung zu den professionellen Leidenschaften von Dr. Kraus gehört. Sie will gerade junge Leute zu diesem Schritt motivieren und hilft dabei, die Ergebnisse ihrer Forschungen marktfähig zu machen. In den Augen von Dr. Kraus ist dies die wesentliche Transformationsaufgabe der UniBW M. Einer ihrer wichtigsten Anliegen ist es, die Außenwirkung der UniBW M zu stärken und die Institution greifbarer und erlebbarer zu machen. Privat ist Dr. Kraus ein Großstadtmensch und lebt gerne mittendrin: Im Münchner Glockenbachviertel. Sie ist sowohl theoretisch als auch praktisch an Kunst interessiert und außerdem sehr bibliophil.

Nach kurzen Danksagungen in alle Richtungen steigt Dr. Kraus unmittelbar in das Thema ihres Vortrages ein und stellt dem Plenum im ersten Schritt die UniBW M näher vor. Zurzeit studieren, arbeiten und forschen rund 3.500 Studierende an der Universität - Tendenz steigend. Daneben gibt es 210 Professuren und 650 wissenschaftliche Mitarbeiter. Letztere bilden mit den Forschungen über das gesamte Spektrum der wissenschaftlichen Klaviatur den Kern der ansässigen Start-up-Förderung. Dr. Kraus beschreibt ein buntes Potpourri an Studiengängen: Pädagogik, Psychologie, Luft- und Raumfahrttechnik, um nur einige zu nennen. Allerdings ist der Schwerpunkt technisch orientiert. Wichtig ist ihr auch, den Alltag an der UniBW M zu beschreiben. Nicht alle Studierenden tragen Uniform, allerdings hat sich ein Großteil der Studentenschaft zur Soldaten-Laufbahn verpflichtet. Auch die Betreuungsrelation ist mit jeweils einer Professur auf circa 20 Studierende extrem hoch und wird von Dr. Kraus passenderweise als "sehr elitär und komfortabel" umschrieben. Studierende können ihren Master an der UniBW M in nur vier Jahren abschließen, da die Universität ein Trimestersystem angelegt hat. Besonderen Fokus legt Dr. Kraus bei der Vorstellung auf den Bereich Forschung. Das Leitbild der Universität: Sicherheit in Technik und Gesellschaft. Was einfach klingt, hat einen sehr eigenen Hintergrund. Forschungen können - wie im Silicon Valley oder der israelischen Tech-Bubble - unter verschiedenen Gesichtspunkten angewendet werden. Dr. Kraus nennt dies "dual use cases", was bedeutet, dass Technologien entwickelt werden, die im militärischen Sektor aber auch im zivilen Leben Anwendung finden können - zum Beispiel im Bereich Aviation. Forschungspartner sind bei diesen und anderen Unterfangen alle wichtigen Förderungsinstitutionen aber auch das Verteidigungsministerium. 

Anschließend geht Dr. Kraus auf den Begriff Publicpreneurship ein und markiert damit den Hauptteil ihres Vortrages. Das Wort selbst ist ein Kompositum aus den englischen Worten public und entrepreneurship, womit beschrieben werden soll, wie der öffentliche Sektor unternehmerischer werden kann. Dieser Ansatz stehe auch in direktem Bezug mit den Gedanken des Konrad Peutinger, der sich zu Lebzeiten als Verfechter von Innovationen und Marktwirtschaft stark gemacht hat. Um den Ansatz Publicpreneurship zu verstehen, gilt es tiefer in zwei Teilbereiche einzutauchen, die untrennbar mit diesem Begriff verbunden sind. Auf der einen Seite steht Intrapreneurship, was die Förderung unternehmerischen Denkens innerhalb von Organisationen beschreibt. Und auf der anderen Seite Entrepreneurship, was den Schritt zur Gründung eines Unternehmens darstellt. Die zentrale Frage von Dr. Kraus lautet: Warum tun wir das an der UniBW M? Das Hauptanliegen ist aus ihrer Sicht, Forschungserkenntnisse aus der Wissenschaft ins Alltägliche zu übersetzen. Dazu müssen Forschern alternative Karrierewege aufgezeigt werden, zum Beispiel eine Unternehmensgründung. Generell werden Start-ups von Dr. Kraus als Innovationsmaschinen beschrieben, die sich vor allem durch ihre überschaubaren und hochdynamischen Strukturen charakterisieren. Mit diesen Attributen stehen sie im direkten Gegensatz zu privaten Anwendern, Unternehmen und Behörden - und zwar in abnehmender Intensität. Echte nachhaltige Förderung ist in den Augen von Dr. Kraus nur durch die direkte Förderung dieser Akteure und ihrer Talente möglich - letzteres bezeichnet sie als "kreative Zerstörung." Die nächste zentrale Frage in ihrem Vortrag lautet: Welchen Beitrag leistet die UniBW M zur Vision eines unternehmerischen Staates? Die Vision ist die europäische Technologiesouveränität, um nicht - wie soll es anders sein - von West und Ost im Innovationswettrennen abgehängt zu werden. Um dies zu erreichen ist es von zentraler Bedeutung, dass die UniBW M selbst wie ein Start-up agiert. Wenig Bürokratie, mehr Agilität und Teamspirit sind hier die Schlüsselkompetenzen der Institution. Um diesen Zustand vollumfänglich zu verwirklichen, beschreibt Dr. Kraus drei wichtige Stellschrauben, an denen gedreht werden muss:

  • Deep Tech & Business 2 Government (B2G) Start-ups fördern (Beispiele aus den Bereichen Energie werden genannt)
  • Marktzugang für Business 2 Start-ups
  • Intrapreneurship

Dr. Kraus verweist erneut auf das optimale Ökosystem, das den Studierenden eine wichtige Gründungsförderung mit inspirierenden Events, Service und Beratung, Know-How und Training sowie einer hochwertigen Infrastruktur (inklusive Laborvernetzung) bietet. Wichtig sind in diesem Umfeld laut Dr. Kraus vor allem die Innovationspartnerschaften, bei denen Start-ups die Möglichkeit bekommen, bei etablierten Projekten mitzuwirken und ihre Technik auszutesten. Im Fall des Programms SeRANIUS zum Beispiel als Teil eines Satelliten. Besonders ist, dass die UniBW M eine institutionalisierte Abfolge einer Start-up-Förderung verfolgt, die gleichzeitig den nötigen Raum zum Atmen lässt. Die skizzierte Abfolge lässt sich in vier wichtige Schritte unterteilen: Die Unterstützung bei der initialen Forschungsidee, über Kooperationen bei Forschung und Entwicklung, Incubation & Acceleration (z.B. bei SpaceFounders) bis hin zur bereits erwähnten Technologiesouveränität. Über dieses gesamte Spektrum werden Studierende bzw. Gründer durch das Netzwerk der UniBW M begleitet. Dies soll laut Dr. Kraus auch die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und öffentlicher Hand fördern. Hier müssen zwar Hürden überwunden werden, aber es gibt ebenso ein großes Potential, das von Start-ups angezapft werden kann. Dr. Kraus beendet ihren Vortrag mit dem Hinweis auf den voranschreitenden Aufbau der Intrapreneurship-Kultur. Diese soll vor allem das autonome Handeln fördern, was durch zunehmende Vernetzung, zielgerichtete Kommunikation und den Abbau von Silodenken erreicht wird.

Das Präsidium bedankt sich bei allen Mitgliedern und Gästen für die Teilnahme, die angenehme Diskussion.
Wir hoffen, Sie auch bei unseren kommenden Vorträgen begrüßen zu dürfen.

Herzliche Grüße
Ihr

 

Dr. Andreas Bachmeier

Präsident des Peutinger-Collegium e.V.

 


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