"Landwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Markt und Politik" am 18.02.2020

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von Admin Admin


WESTIN GRAND, Arabellastraße 6, 81925 München
19:00

Nachdem Präsident Christian Geissler die Mitglieder des Peutinger-Collegiums sowie einige Gäste – darunter Josef Miller, ehemaliger bayerischer Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten, und Martin Schöffel, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Bayerischen Landtags – begrüßt hatte, stellte Andreas M. Harder, Co-Präsident des Peutinger-Collegiums, den Referenten vor: Walter Heidl ist Diplom-Ingenieur für Landwirtschaft und bewirtschaftet einen 40 Hektar umfassenden Hof mit Schweinehaltung im Landkreis Dingolfing-Landau. Seit 1987 engagiert er sich ehrenamtlich im Bayerischen Bauernverband, dessen Präsident er seit 2012 ist.

Aktuelle Herausforderungen für die Landwirtschaft

In seinem Vortrag stellte Walter Heidl dem Peutinger-Collegium die Herausforderungen vor, denen sich die Landwirte in Bayern derzeit gegenübersehen. In seinem Überblick sprach Heidl sechs Themen an:

  • Düngeverordnung: Die Düngeverordnung regelt den Einsatz von Düngemitteln. Nachdem die EU wegen erhöhter Nitratwerte im Grundwasser ein Sanktionsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat, will die Bundesregierung die Düngeverordnung verschärfen. Heidl machte darauf aufmerksam, dass die gemessenen Nitratwerte jedoch nicht nur vom Düngeverhalten der Bauern, sondern auch von den klimatischen und geologischen Eigenschaften der Region abhängen. „Außerdem sollte die Verschärfung solange ausgesetzt werden, bis eine EU-weite Regelung für eine einheitliche, valide Nitratwert-Messung sorgt“, forderte Heidl.
  • Tierhaltung in Bayern: Rund 75 Prozent der Einnahmen aus der bayerischen Landwirtschaft kommen aus der Tierhaltung. Eine besondere Herausforderung für diese Betriebe stellt die Verschärfung der EU-Öko-Verordnung dar, die die Anforderungen für die Tierhaltung in Ökobetrieben anheben soll. Heidl warnte:

„Wenn wir in diesem Punkt keine Lösung finden, die für die Betriebe realisierbar ist, müssen wir mit zahlreichen Rückumstellungen rechnen.“

  • Anbindehaltung bei Rindern: Heidl belegt anhand der Statistik, dass dieses Thema insbesondere kleinere Betriebe betrifft: Die Hälfte der bayerischen Milchviehbetriebe arbeite mit Anbindehaltung. Diesen Betrieben würden rund 30 Prozent der bayerischen Kühe angehören, die 25 Prozent der bayerischen Milch produzieren. „Wir reden hier also im Grunde von bäuerlichen Familienbetrieben“, so Heidl. „Um diese Betriebe zu schützen, wollen wir das Verbot der Anbindehaltung verhindern.“ Der Bayerische Bauernverband fordert stattdessen die sogenannte Kombinationshaltung, die besondere Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls vorsieht, wenn jährlich nicht mindestens 120 Tage Freilauf garantiert werden können.
  • Ferkelkastration: Werden männliche Ferkel nicht kastriert, entwickelt ihr Fleisch nach der Schlachtung einen unangenehmen Geruch. Der Bayerische Bauernverband setzt sich daher für die örtliche Betäubung der Ferkel ein. Heidl sagte dazu:

„Natürlich wollen wir tierschutzgerecht arbeiten, aber wir wollen den Verbrauchern auch höchste Fleischqualität liefern.“

  • Klimaschutz und Volksbegehren Artenvielfalt: Von den rund 100.000 Höfen in Bayern hat sich bereits die Hälfte freiwilligen Programmen zum Schutz der Artenvielfalt angeschlossen. Diese Betriebe bewirtschaften rund 40 Prozent der bayerischen Nutzfläche. Nach dem Volksbegehren Artenvielfalt werden nun per Gesetz Maßnahmen durchgesetzt. „Dass allein die Landwirte in die Pflicht genommen werden, führt zu Verärgerung“, erklärte Heidl. „Andere potenzielle Ursachen des Insektensterbens, wie zum Beispiel der Flächenfraß oder die Gestaltung privater Gärten, werden völlig außer Acht gelassen.“ Beim Klimaschutz sieht Heidl die Land- und Forstwirte als Teil der Lösung, denn über Böden, Wälder und Ernteprodukte lasse sich CO2 binden.
  • Handelsabkommen: Beim Abschluss von Handelsabkommen werden in Deutschland geltende Produktionsstandards häufig umgangen: Die Anforderungen für Produzenten, die ihre Waren nach Deutschland einführen, seien niedriger als für die lokalen Erzeuger, so Heidl. „Wir fordern faire Rahmenbedingungen: Für alle Waren, die bei uns verkauft werden, sollen auch dieselben Produktionsstandards gelten.“

Bayerischer Bauernverband setzt sich für faire Rahmenbedingungen ein

Die Vielfalt der Themen und Akteure zeigt das Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Markt und Politik, mit dem sich die Landwirte arrangieren müssen. „Der Bayerische Bauernverband setzt sich dafür ein, gute Rahmenbedingungen für unsere bäuerlichen Familienbetriebe zu schaffen,“ brachte Heidl abschließend auf den Punkt. „Es geht uns darum, dass die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern wieder mehr Wertschätzung erfährt.“ Dazu trägt seiner Meinung nach auch bei, der Gesellschaft ein der Realität entsprechendes Bild von der Landwirtschaft zu vermitteln, um das gegenseitige Verständnis zu fördern. Hierfür engagiert sich der Bayerische Bauernverband mit verschiedenen Kampagnen.

Im Anschluss an seinen Vortrag stand Walter Heidl für Fragen zur Verfügung. Herzlichen Dank für den anschaulichen Einblick in die bayerische Landwirtschaft und für die lebhafte Diskussion!

Freundliche Grüße

Christian Geissler
Präsident des Peutinger-Collegium e.V.

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