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Nachlese

zu einem Vortrag von

Klaus Holetschek, MdL
Staatsminister für Gesundheit und Pflege

„Wie sieht ein Gesundheits- und Pflegesystem der Zukunft aus?“

Vortrag im WESTIN GRAND

Arabellastraße 6

81925 München

 

am Donnerstag, 17. November 2022


Der wiedergewählte Präsident des Peutinger-Collegium e.V., Dr. Andreas Bachmeier, stellt das neugewählte Präsidium vor: Co-Präsident Prof. Dr. Peter Lutz, Schatzmeisterin Birgit Patzak, Beisitzer Christine Gärtner, Beisitzer Tilman Röder, kooptiertes Mitglied Christian Riehl und kooptiertes Mitglied Dr. Julian Traut.

Die Vorstellung des Referenten übernimmt Christina Gärtner. Der gebürtige Landshuter Klaus Holetschek ist im Allgäu aufgewachsen und im Jahr 1981 in die Junge Union eingetreten. Ein Jahr später folgte der Eintritt in die CSU. Zunächst Staatssekretär im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, folgte 2020 der Wechsel ins Gesundheitsministerium. 2021 wurde Herr Holetschek als Staatsminister für Gesundheit und Pflege vereidigt. Zudem sei Herr Holetschek begeisterter Läufer und Wanderer. Man freue sich nun auf die Einschätzungen zur aktuellen Situation.

Herr Holetschek bedankt sich für die Einführung. Man befinde sich in krisenhaften Zeiten, aber jede Krise biete auch Chancen. Die große Frage derzeit sei: Wie geht es weiter mit Gesundheit und Pflege.

Herr Holetschek stellt fest, dass es durchaus Veränderungsbedarf gebe, aber eine Reform, die ausschließlich aus einer Berliner Perspektive heraus entsteht, sei nicht zielführend. Ein Arbeitsfeld sei die Krankenhauslandschaft. Hier habe es eine wahnsinnige Verteuerung gegeben. Derzeit gebe es in vielen ländlichen Räumen keine wohnortnahe Notfallversorgung. Der Lösungsansatz durch integrierte Gesundheitszentren berücksichtige sowohl die stationäre, als auch die ambulante Versorgung. Die vom Bundesgesundheitsministerium vorgestellte Reform sei allerdings noch nicht aus einem Guss. Ob dadurch wirklich das Personal entlastet werden könne, müsse sich erst noch zeigen.

Ein zweites großes Reformthema sei die gesetzliche Krankenversicherung. Der Reformvorschlag aus dem Bundesministerium destabilisiere das derzeitige System. Die Gesundheitsindustrie müsse dringend mit eingebunden werden. Sonst bestehe die Gefahr, international abgehängt zu werden. Hier brauche es mehr Dialog. In seiner derzeitigen Konzeption sei der geplante Stabilisierungsweg der gesetzliche Krankenversicherung schlecht für den Standort Deutschland.

Drittens spricht Herr Holetschek über den Reformbedarf in der Pflege. Hauptproblem sei hier der Fachkräftemangel. Die Pandemie habe wie ein Brennglas die Probleme des Systems offengelegt. Die Herausforderung sei, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Gleiches gelte für pflegende Angehörige. Hier brauche es mehr Entlastung. Zentral sei bei allen Überlegungen: Der Mensch müsse in den Mittelpunkt gerückt werden. Das sei Grundsatz christlicher Werte. Die Finanzierung dieser Reformen sei deshalb essenzial. Pflege müsse menschenwürdig, bezahlbar und den Menschen zugewandt sein. Ein weiterer Grundsatz für das Gesundheitssystem von morgen: „Mit Daten heilen“. Dies eröffne die Chance, personalisierter Medizin. Israel und das Vereinigte Königreich seien hier Vorreiter. Dazu gehöre aber auch der Datenschutz und die kritischere Auseinandersetzung mit Konzernen, die diese Daten für das eigene Geschäftsmodell nutzen wollen. Wenn sie für das Allgemeinwohl eingesetzt werden, bieten sie allerdings tolle Chancen. Hier brauche es Maß und Mitte bei der Regulierung. Die entscheidende Frage sei also: Haben wir den Mut, stärker aus dieser Krise herauszugehen?

Herr Bachmeier bedankt sich für den Vortrag von Herrn Holetschek und eröffnet die Podiumsdiskussion mit Christine Bronner (Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München - AKM) und Brigitte Bührlen (WIR! Stiftung pflegender Angehöriger). Herr Bachmeier übernimmt die Moderation.

Podiumsdiskussion:

Frau Bührlein: Die Pflege in Deutschland wird zu 80 Prozent durch das Ehrenamt getragen. Welche Rolle soll das Ehrenamt hier in Zukunft spielen?

Herr Holetschek: Gute Pflege ist personenorientiert. Das Ehrenamt spielt deshalb eine große Rolle, um passgenaue Lösungen zu ermöglichen. Pflege muss regional organisiert werden. Hier brauchen wir weitere finanzielle Entlastungsangebote.

Frau Bronner: Im derzeitigen Pflegesystem fallen Kinder und Eltern hinten runter. Aber: Pflege ist kein Thema des Alters. Wir dürfen Altersgruppen nicht gegeneinander ausspielen. Die sozialmedizinische Nachsorge ist unterfinanziert. Der Personalmangel ist groß.

Herr Bachmeier: Warum gelingt der Kampf gegen den Personalmangel nicht? Liegt es an der Finanzierung?

Herr Holetschek: Als neue Ausbildung wurde die Generalistik eingeführt. Die Idee: Auf diesem Weg arbeiten qualifizierte Pflegekräfte auf Augenhöhe mit Ärzten. Ein weiterer Vorschlag, um die Pflege für Arbeitnehmer attraktiver zu machen: Erstzugriff für Kita-Plätze. Klar ist: Wir brauchen dringend eine Reform. Das System ist an der Belastungsgrenze.

Frau Bronner: Die Pflege von Kindern findet in den meisten Fällen zuhause statt. Das muss bei der Reform des Systems berücksichtigt werden.

Frau Bührlein: Eine weitere Gruppe, die im derzeitigen System nicht berücksichtigt wird, sind die 30-60 jährigen Pflegebedürftigen, beispielsweise MS-Erkrankte. Hier braucht es mehr sozialräumliche Beratungen. Ein Vorschlag ist die Einrichtung von Pflegebeiräten. So können Bedarfe ermittelt und passgenaue Unterstützung bereitgestellt werden.

Herr Holetschek: Ich stimme Ihnen zu, wir brauchen mehr Lösungen außerhalb des Systems. Wir brauchen Unterstützung für diejenigen, die Angehörige pflegen. Wir müssen Ihnen helfen, damit sie es schaffen.

Herr Bachmeier bedankt sich für den angeregten Austausch und öffnet die Diskussion für das Publikum.

Frage: Was halten Sie von der Einführung eines sozialen Jahres, um den Pflegenotstand auszugleichen?

Herr Holetschek: Da müssen wir vor allem mit denjenigen sprechen, die es betrifft. Aber: Auch ein soziales Jahr kann Pflege nicht ersetzen. Wir können auf diesem Weg aber Einblicke in das Berufsfeld geben. Ich glaube insgesamt können wir unserer Gesellschaft aber noch etwas mehr Verantwortung zumuten.

Frage: Was ist ihr Reformvorschlag für die einzelnen medizinischen Bereiche?

Herr Holetschek: Finanzierung ist nicht alles, aber ohne Geld geht es nicht. Wir brauchen einen neuen finanziellen Rahmen für eine gesamtgesellschaftliche Lösung.

Frage: Wie ist Ihre Zusammenarbeit mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach?

Herr Holetschek: Wir schätzen uns, Karl Lauterbach kommt aus der wissenschaftlichen Richtung. In der Kommunikation unterscheiden wir uns allerdings.

Die Diskussion endete mit einem Dank von Herrn Bachmeier an Herrn Holetschek, Frau Bronner und Frau Bührlen sowie einem kurzen Ausblick auf die kommenden Veranstaltungen im neuen Jahr.
Abschließend bedankte sich Herr Bachmeier bei den ausscheidenden Präsidiumsmitgliedern Herren Prof. Dr. Bernd Grottel, Andreas M. Harder, Dr. Marcus Lingel, Dr. Klaus Leipold und Christian Geissler.

 

 


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