Bilder von Admin, Admin:

Bastian Nominacher
Co-founder und Co-CEO Celonis
"Celonis - Deutschlands erfolgreichstes Start-up: in nur zehn Jahren zum Rekordmarktwert"
Vortrag im Bankhaus DONNER & REUSCHEL
am Dienstag, 10.05.2022
 
Thomas Nerlinger, Bankdirektor Bankhaus Donner & Reuschel begrüßt die Teilnehmer und stellt das Bankhaus DONNER & REUSCHEL, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfindet, vor. Präsidiumsmitglied des Peutinger-Collegium e.V., Prof. Dr. Peter Lutz, stellt den Referenten des Abends vor. Bastian Nominacher habe mit Celonis ein weltweit tätiges Unternehmen aus der sinnbildlichen Garage heraus mitgegründet. Es gelte nun als Decacorn, also als Start-Up, dessen Marktwert bei mehr als 10 Mrd. US-Dollar liegt. Damit spiele Celonis in einer Liga mit AirBnB, Uber oder SpaceX. Hinter dem Unternehmen stecke ein Partner-Dreigespann: Alexander Rinke, Marin Klenk und Bastian Nominacher. Bemerkenswert sei, dass sie darüber hinaus auch Freunde sind. Herr Nominacher sei im familieneigenen Bäckereibetrieb aufgewachsen. Nach dem Abschluss der Mittleren Reife habe er sich jedoch zu einer Ausbildung zum IT-Kaufmann entschlossen. Er habe danach sein Abitur nachgeholt und ein Studium an der TU München im Bereich Computer Science absolviert. Im Anschluss habe er mit Celonis ein Unternehmen mitgegründet, das dreistellige Wachstumsraten verzeichnet. Herr Nominacher und seine Partner hätten erkannt, dass herkömmliche Analysetools wie Interviews nicht alleine ausreichen, um die gesamte Komplexität von Unternehmensprozessen abzubilden. Deshalb hätten Sie die Technologie Process Mining erfunden. Man freue sich nun auf den Vortrag des Referenten.
Herr Nominacher bedankt sich für die Einladung. Als ehemaliger Bewohner der Stadt Augsburg sei er Konrad Peutinger verbunden. Herr Nominacher kündigt an, im folgenden nun sowohl das Tätigkeitsfeld von Celonis als auch ihr das daraus abgeleitete Angebot für die Kunden vorzustellen. Alles habe während Herrn Nominachers Studienzeit in einer studentischen Unternehmensberatung begonnen. Der Bayerische Rundfunk sei damals an Herrn Nominacher und seine Partner mit dem Problem der ineffizienten Bearbeitung von IT-Anfragen an sie herangetreten. Motiviert habe man versucht, das Problem auf herkömmliche Weise über Interviews zu analysieren. Doch schnell habe sich gezeigt, dass es aufgrund subjektiver Einschätzung der Interviewten sowie der Eigendynamik der Prozesse nicht auf diesem Weg zu lösen sei. Deshalb hätten die Partner die Entscheidung getroffen, eine Softwarelösung dafür zu entwickeln und einzuführen. Im Ergebnis konnten die Studenten die Bearbeitungszeit der IT-Anfragen von durchschnittliche fünf auf durchschnittlich drei Tage reduzieren.
In unternehmerischen Abläufen gebe es im Wesentlichen zwei Ebenen: Strategie und Prozesse, in denen diese ausgeführt wird. Hier setze Celonis an. In den vergangenen drei Jahren sei man das Unternehmen von drei Mitarbeitern auf 2.800 Mitarbeiter angewachsen. Man sei nun weltweit tätig mit Hauptsitzen in München und New York. Im Jahr 2011 habe die Reise von Celonis begonnen. In den darauffolgenden fünf Jahren habe man das Unternehmen ohne externe Finanzierung weiterentwickelt. Das Erfolgsrezept sei stets der Fokus auf die Kunden gewesen. 2016 stelle einen weiteren wichtigen Meilenstein dar. In diesem Jahr sei man in den US-Markt eingestiegen, einen wichtigen Wachstumsmarkt für die Branche. 2018 habe man die "Intelligent Business Cloud" eingeführt, ein kritischer Punkt der Unternehmensgeschichte in der alle Celonis-Systeme auf Cloud-Basis umgestellt wurden. Damit habe man noch dynamischere Lösungen für den Kunden anbieten können. Ein massiver Wachstumsanstieg sei die Folge gewesen. Heute, im Jahre 2022, gehe man davon aus, dass gerade einmal ein niedriger einstelliger Prozentsatz des möglichen Marktes erschlossen sei. Das Unternehmen entwickle sich weiter dynamisch, so seien mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter weniger als 12 Monate im Unternehmen.
Herr Nominacher geht näher auf die Technologie hinter Process Mining ein. Ausgangspunkt sei ein festgelegter unternehmerischer Prozess. Allerdings unterscheide sich die Realität häufig von den definierten Abläufen. Zahlreiche Abweichungen, wie etwa Stornierungen, seien die Ursache. Dadurch bleibe viel Qualität im Prozess auf der Strecke. Process Mining biete die Möglichkeit zum datenbasierten Führen eines Unternehmers und bildedie ganze Komplexität der realen Prozessabläufeberücksichtigt. Die Daten kämen aus IT-Systemen wie SAP. Ein Beispiel für die Effektivitätssteigerung sei der hauseigene Bewerberprozess von Celonis. So würden vom Erstkontakt bis zur Unterschrift nur 24 Tage verstreichen. Der Kernbereich von Celonis sei die Messung. In den nachfolgenden Schritten werden die Probleme verstanden und behoben. Ein möglicher Anwendungsbereich sei beispielsweise das Claims Management der Allianz. Hier seien die Prozesskosten oftmals höher als die tatsächliche Schadensregulierung. Aber auch beim Groundhandling der Lufthansa oder der Fahrerbewertung von Uber würde Celonis Ineffizienzen identifizieren und beheben. Das spannende bei Process Mining sei, das über alle Branchen hinweg breit einsetzbar sei. Dazu gehörten Unternehmen wie Dell, Siemens oder die Telekom. Der von Celonis adressierte Markt werde auf 60 bis 70 Mrd Euro geschätzt. Herr Nominacher geht mit BMW auf ein Kundenbeispiel näher ein. Begonnen habe man damit, in einer Lackierstraße im Werk Regensburg Prozesse zu optimieren. Heute würden 80 Prozent aller produzierten BMW mit Celonis-Technologie analysiert. Grundlage dafür seien Standorte unter anderem in Madrid, der US-Westküste und in Prag. Hierfür würden die Celonis Produkte jeden Tag weiterentwickelt. Mit einem weiteren Blick auf den Kunden Lufthansa zeigt Herr Nominacher ein letztes Fallbeispiel. Im Anwendungsfall Groundhandling könne bereits eine defekte Kaffeemaschine dazu führen, dass die Sicherung im Flugzeug ausgelöst wird. Durch Process Mining habe man im ersten Jahr 300.000 Minuten Zeit eingespart. Zusammenassendhabe man eine Technologie entwickelt, die den Kunden einen echten Mehrwert bietet. Celonis werde weiterhin alles dafür tun, dass diese damit Kosten sparen, ihre Performance erhöhen und insgesamt zufriedener sind.
Diskussionsrunde:
Frage: Wie konnte ihre Geschäftsidee so lange unentdeckt bleiben?
Herr Nominacher: Die Technologie dafür ist sehr aufwendig und wir waren in der Tat das erste Unternehmen, das sie praxistauglich gemacht hat. Dabei  hatten wir einen guten Start mit großen Kunden von Beginn an. So war beispielsweise Siemens einer unserer ersten Anwender. Nach zwischenzeitlichem Boom hat der Process-Mining-Markt aber nun eine Konsolidierungswelle erlebt. Wir unterscheiden uns durch unsere starke Leistungsfähigkeit von der Konkurrenz und sind daher auch Marktführer. Am Ende ist es eine Frage der technischen Differenzierung, weshalb wir intensiv an der Weiterentwicklung unserer Software arbeiten.
Frage: War Ihnen bei dem Auftrag für Ihren ersten Kunden BR bereits klar, dass Sie ein Unternehmen gründen werden?
Herr Nominacher: Die Entscheidung fiel im Verlauf der Zeit. Für uns stand immer im Fokus, den Kunden zu helfen. Der Kauf eines gemeinsamen Servers war allerdings ein Meilenstein auf Weg zur Unternehmensgründung.
Frage: Wie haben Sie die Investoren von sich überzeugt?
Herr Nominacher: Am Anfang konnten wir keine Business Angels überzeugen. Deshalb haben wir uns durch unsere Kunden finanziert. Es war schwierig, Investoren zu finden, die den gleichen Weg wie wir gehen wollten. Bei einem Marktwert von 150 Millionen beispielsweise bereits zu verkaufen, kam für uns nicht in Frage.
Frage: Was würden Sie heute einem Start-Up im Gespräch mit Investoren raten?
Herr Nominacher: Als Gründer muss man sich fragen: Was ist die eigene Vision? Welche Rückzahlperiode legt der Investor fest? Sucht man lang- oder kurzfristige Investoren? Wie ist die Branchenexpertise des Investors? Man muss sichergehen können, dass der Investor ein Verständnis für die branchenüblichen Entwicklungszeiträume mitbringt und nicht bereits im Vorfeld nervös wird.
Frage: Ist Deutschland in Sachen Start-Up-Kultur Nachzügler?
Herr Nominacher: München hat eine aktive Start-Up-Szene. Hier kann sich viel entwickeln. Mit Universitäten wie der TU ist Fachkompetenz vorhanden, die auf große Konzerne wie Allianz oder BMW trifft. Allerdings wird die Stadt auch immer teurer, was die Talentakquise schwieriger macht. Da wir einen großen Bedarf an neuen Beschäftigten haben, suchen wir weltweit.
Frage: Sie waren im SAP-Förderprogramm. Wie fühlt es sich an, jetzt mit dem Unternehmen in Konkurrenz zu stehen?
Herr Nominacher: 2013 war Celonis Teil des Start-Up-Programms von SAP. 2021 haben sich die Wege getrennt. Wir konnten alle gemeinsamen Kunden überzeugen, bei uns zu bleiben.
Frage: Wann kommt der Schritt in die Kapitalmärkte?
Herr Nominacher: Dazu gibt es momentan keine Pläne. Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es eines Tages in diese Richtung, aber das birgt auch Risiken.
Frage: Welche Trends werden durch die aktuellen Krisen in ihrer Branche befeuert?
Herr Nominacher: Auf die Lieferketten wirkt ein extremer Druck. Deshalb müssen die Unternehmen hier das Maximum rausholen. Das gilt erst recht in einem sich verschlechternden makroökonomischen Umfeld. Unternehmen müssen ihre eigene Produktivität erhöhen, um die Inflation auszugleichen. Der Wunsch nach Reduktion des CO2-Ausstoßes durch effiziente Lieferketten ist ein weiterer Trend.
Frage: Was steckt hinter dem Namen Celonis?
Herr Nominacher: Zelos ist der griechische Gott des Strebens. Auf dem Weg zum Notar kam von der Schwester meines Partners Alexander Rinke der Hinweis, dass man damit auf sämtlichen alphabetischen Listen unten stehe. So wechselte der Anfangsbuchstabe in letzter Minute.
Frage: Woher kommt Ihre Software-Affinität?
Herr Nominacher: Ich hätte eigentlich Bäckermeister werden sollen. Aber mein Interesse am Programmieren entwickelte sich bereits früh. Für mich ist es ein Privileg, in dieser Zeit in diesem Bereich zu arbeiten und damit Wohlstand für die gesamte Gesellschaft zu generieren.
Frage: Planen Sie Aktivitäten im chinesischen Markt?
Herr Nominacher: Das ist ein großer Markt, aber der Eintritt ist schwierig. Unsere Cloud-Systeme können dort nicht angewandt werden.
Frage: Ist Cyberkriminalität für Sie eine Gefahr?
Herr Nominacher: Wir haben dafür ein großes Team an Experten angestellt und sind daher gut abgesichert. Für unsere Kunden - vor allem den Mittelstand - ist das allerdings eine Herausforderung.
Frage: Was ist Ihr Geschäftsmodell?
Herr Nominacher: Unsere Kunden mieten unsere Software. Die Prozessverantwortlichen arbeiten dann damit.
Frage: Wie absolvieren Sie ihr Tagesprogramm?
Herr Nominacher: Wir arbeiten in einem leistungsfähigen Management-Team zusammen. Meine Aufgabe sehe ich in der ersten Linie darin, das Team zu motivieren, Ziele zu definieren und die strategische Entwicklung des Unternehmens voranzutreiben.
Frage: Wie finden Sie Ausgleich?
Herr Nominacher: Wichtig ist für mich, zur Balance Zeit mit Freunden zu verbringen. Ich habe einen Full-Time Job, aber dieser ist zugleich auch meine Passion.
Die Veranstaltung schloss mit einem Dank von Herrn Lutz an Herrn Nominacher und einem kurzen Ausblick auf die kommenden Veranstaltungen.


(Um alle Bilder zu sehen bitte auf das Bild klicken!)