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Unter dem Titel „Bundesgartenschau (BUGA) – Störfall für die Stadtgesellschaft“ hielt Hanspeter Faas, Geschäftsführer der Bundesgartenschau 2019*, einen Vortrag vor dem Peutinger Collegium und Gästen im Fürstensalon des Hotels Bayerischer Hof. Dabei konzentrierte sich Faas vor allem auf die Frage, was eine Großveranstaltung wie die BUGA, die 2019 in Heilbronn stattfinden wird, für eine Stadt und die städtebauliche Planung am Beispiel Heilbronn bedeuten kann. Denn schnell wird klar, dass eine BUGA auch, aber eben nicht nur etwas mit Blumen und Pflanzen zu tun hat. Viel mehr ist sie eine Großveranstaltung, die den Charakter einer ganzen Stadt maßgeblich mitprägen kann. Aber der Reihe nach.

Um die Veränderungen in Heilbronn, die mit der BUGA einhergehen, zu erläutern, bedurfte es zunächst einer kurzen Bestandsaufnahme: Heilbronn ist eine Großstadt im Norden Baden-Württembergs und mit rund 125.000 Einwohnern die siebtgrößte Stadt des Bundeslandes. Die Stadt liegt am Neckar, etwa 50 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Stuttgart, ist ein eigener Stadtkreis und darüber hinaus Sitz des Landkreises Heilbronn, der sie vollständig umgibt. Im Dezember 1944 zu fast 80 Prozent durch Bombenangriffe der Alliierten zerstört, wurde die Stadt nach dem Krieg nahezu komplett neu aufgebaut. Dies zeigt sich auch am Stadtbild, das zuvorderst von Häusern dominiert wird, die aus rein praktischen Gründen gebaut wurden, nicht aus ästhetischen. Außerdem verfügt Heilbronn über eines der größten Pro-Kopf-Einkommen der Republik, mit einer Einschränkung, wie Faas dem amüsierten Publikum erklärte: „Mit einer Einschränkung: Wenn man das Einkommen von Dieter Schwarz herausrechnet, ist es dann nicht mehr ganz so hoch.“ Aber Spaß beiseite: Denn der Lidl-Chef fäll in seiner Heimatstadt Heilbronn eben auch mit allerlei karikativem Engagement auf, vor allem bei Bildungsthemen.

Heilbronn hat ein hohes Pro-Kopf-Einkommen, kaum Arbeitslosigkeit und eine Ausländerquote, die teils deutlich über Bundesdurchschnitt liegt: Etwa 55 Prozent der Heilbronner haben einen Migrationshintergrund, bei den jungen Leuten sind es sogar 70 Prozent. „Es gibt aber keine Gruppen in dem Sinne, sondern man mischt sich untereinander und man hat ein gutes Gefühl. Allerdings strengt sich die Stadt auch gewaltig an, gerade beim Thema Bildung“, so Faas. Beispielsweise sei die Stadt Heilbronn die erste in Deutschland gewesen, in der keine Gebühren für Kindergartenbesuche anfallen. Allerdings spiele auch hier das Thema Wohnraum eine entsprechend große Rolle, so Faas. Dies sei gerade auch in Schwaben ein großes Thema, da der Schwabe vor allem das Einfamilienhaus bevorzuge. „Was passiert bei der Stadtentwicklung? Und wie müssen wir damit umgehen? Das sind Fragen, die auch uns umtreiben“, so Faas.

Vor nicht allzu langer Zeit noch hätten sich die Bürger kaum mit Heilbronn identifiziert, sich primär „im Großraum Stuttgart“ verortet, erzählt Faas: „Vor 15 Jahren hat sich dann aber etwas verändert: Man hat sich plötzlich wieder an die Qualitäten der Stadt erinnert. Bauliche Qualitäten sind es nicht, aber man hat den Neckar, den man versucht, jetzt wieder stark in die Stadt und ins Stadtbild einzubeziehen. Und man hat mit etwas begonnen, das für die Heilbronner bisher ungewöhnlich war: Plötzlich hat man auch über Architektur diskutiert“. Für Faas ist die BUGA, deren Zusage bereits 2005 erfolgte, daher perfekt in Heilbronn aufgehoben, da es im Rahmen der BUGA eben auch um die großen Fragen der Stadtplanung gehe: „Die BUGA beschäftigt sich im Prinzip mit der Frage, wie man im 21. Jahrhundert leben will und wenn man es genau nimmt, muss eine Gartenschau auch ein Spiegel der Gesellschaft sein. Deshalb müssen wir Strömungen und gesellschaftliche Themen in einer Gartenschau aufnehmen.“

Als traditionelle Gartenausstellung mit klassischen Gartenthemen und großem gärtnerischem Können belebt die BUGA Heilbronn ein fast 40 Hektar umfassendes Brachland zwischen Alt-Neckar und Neckarkanal, zwischen dem Heilbronner Hauptbahnhof sowie der Lern- und Erlebniswelt experimenta. Letzteres ist ein Science-Center, das bald um einen super modernen Neubau ergänzt werde; finanziert von der Dieter-Schwarz-Stiftung, die zudem an der Errichtung eines neuen Campus für (vorerst) rund 10.000 Studenten beteiligt ist. Mit einem Kapitalfond sollen zudem Start-Up-Unternehmen nach Heilbronn gelockt werden. Faas sagt: „Dieses und anderes zeigt gut, dass sich in Heilbronn eine große Dynamik entwickelt hat“.

Bisher einmalig seit ihrer Premiere präsentiere die BUGA außerdem „die Früchte, die sie trägt“ schon während des Geschehens: Die Stadtausstellung gibt den Besuchern einen Vorgeschmack auf das neue entstehende Heilbronner Stadtquartier Neckarbogen. Bis zu 800 Menschen werden noch vor Beginn der Bundesgartenschau das Ensemble von 23 Gebäuden beziehen. Über viermal so viele sollen es bis 2040 werden. Damit begründe, so Faas, die Bundesgartenschau Heilbronn 2019 ein komplett neues städtebauliches Format in der fast 70-jährigen Geschichte der Bundesgartenschauen.

*Operativer Kern der BUGA Heilbronn 2019 ist die BUGA Heilbronn 2019 GmbH, die am 2. Februar 2010 eigens für die Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung der Großveranstaltung gegründet wurde. Die Ziele, Aufgaben und Rechte der GmbH sind im Gesellschaftsvertrag abgebildet. Gesellschafter sind die Stadt Heilbronn und die Deutsche Bundesgartenschau Gesellschaft mbH.


Vielen Dank an Herrn Hanspeter Faas für seinen informativen Vortrag, der zu begeisternden Gesprächen beim gemeinsamen Abendessen geführt hat.
Seiner Einladung zu einer exklusiven Führung des Peutinger-Collegium e.V. zur Bundesgartenschau Heilbronn im Juni oder Juli 2019 kommen wir sehr gerne nach. Den entsprechenden Termin werden wir zeitnah bekannt geben. 


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